Kriterien für die Entwicklung von Lernsituationen

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Begriffsbestimmungen

Handlungssituation

Die Handlungssituation ist Kern einer Lernsituation. Sie initiiert und trägt einen komplexen Lern- und Arbeitsprozess, bildet den Rahmen für den Unterricht und führt zu einem Handlungsergebnis. Die Handlungssituation beschreibt einen beruflichen, fachlichen, gesellschaftlichen oder privaten Kontext, der sich in einer Aufgaben-, Frage- bzw. Problemstellung konkretisiert. Dabei sind die Erfahrungen und Interessen der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen, um deren Motivation und Lernbereitschaft zu fördern. Durch eine hinreichend hohe, aber nicht überfordernde Komplexität der Aufgaben-, Frage- bzw. Problemstellung werden die Lernenden zu einem Denken in Zusammenhängen befähigt. Die komplexe Aufgaben-, Frage- bzw. Problemstellung soll eine umfassende Förderung der Kompetenzentwicklung ermöglichen, die sowohl Fachkompetenz als auch die Entwicklung Personaler Kompetenz umfasst.

Vollständige Handlung

Lernen vollzieht sich in der Lernsituation in einer vollständigen Handlung auf Basis der Phasen Informieren bzw. Analysieren, Planen, Entscheiden, Durchführen, Kontrollieren bzw. Bewerten, Reflektieren.

Handlungsergebnis

Ein handlungsorientierter Unterricht führt zu einem Handlungsergebnis, an welchem überprüft werden kann, ob die Aufgaben-, Frage- bzw. Problemstellung erfolgreich bearbeitet worden ist. Ein Handlungsergebnis kann sowohl materieller als auch nicht-materieller Art sein (z. B. Datei, Werkstück, Plakat, Handlungskonzept, Stellungnahme, Bewegungsform, Pro und Kontra Diskussion, Reflexion, Beratungsgespräch).

Handlungskompetenz

Handlungskompetenz entfaltet sich laut DQR in den Dimensionen Fachkompetenz und Personale Kompetenz. In Handlungskompetenz sind Kommunikations-, Methoden-, Lern- und Medienkompetenzen immanent.

Individualisiertes Lernen

Individualisiertes Lernen verbindet ein gemeinsames systematisches Lernen mit unterschiedlichen Wegen der Aneignung. Entsprechend sind die Voraussetzungen der Lernenden, z. B. in Bezug auf kulturelle Hintergründe, Vorwissen, Lerntempo, Motivation, Interesse und Leistungsstärke zu beachten.

Kooperatives Lernen

Bei der Umsetzung des Kooperativen Lernens sind grundlegende Prinzipien wie der Rahmen für die individuelle Denkzeit, die Möglichkeit des Austausches unter den Lernenden sowie das Einfordern der persönlichen Verantwortung zu berücksichtigen.

Selbstgesteuertes Lernen

Im handlungsorientierten Unterricht werden durch die Art der Aufgaben-, Frage- bzw. Problemstellung verschiedene Lösungswege eröffnet, welche von den Schülerinnen und Schülern eigenständiges Handeln erfordern. Die Schülerinnen und Schüler übernehmen zunehmend Verantwortung für ihren Lern- und Arbeitsprozess.


Quelle: https://schucu-bbs.nline.nibis.de/nibis.php?menid=353

Lernsituationen als zentrales Element der Handlungsorientierung


Lernsituationen rekonstruieren berufliche oder fachliche Zusammenhänge. Sie stellen den Lernkontext dar, in dem es um die zu bearbeitende exemplarische Handlungssituation in einem Anwendungszusammenhang geht. Im Lern- und Arbeits-prozess wird die Lernsituation als vollständige Handlung realisiert. Ergebnisse der entsprechenden Lernaktivität zeigen sich im Handlungsergebnis.
Lernsituationen konkretisieren demnach didaktisch-methodische Planungen, die handlungsorientiert zum Erwerb von Hand-lungskompetenz dienen und dazu exemplarisch von konkreten Handlungssituationen ausgehen und diese schülerorientiert bearbeiten.
Lernsituationen werden als thematische Einheiten verstanden, bei denen unter Berücksichtigung des fächerübergreifenden Lernens und der Phasen der vollständigen Handlung die Bearbeitung einer Aufgaben-, Frage- bzw. Problemstellung auf verschiedenen, nach Möglichkeit offenen, Wegen erreicht werden kann.
Lernsituationen sind im berufsbezogenen Lernbereich und grundsätzlich auch im berufsübergreifenden Lernbereich die be-vorzugte Form von didaktisch-methodischer Planung.
Jede Lernsituation enthält die grundlegenden Anforderungen. Lernsituationen können fachsystematische Lernphasen ent-halten, um den handlungssystematischen Lernprozess zu unterstützen. Dabei ist keine besondere Methode vorgeschrieben.
(Quelle: https://schucu-bbs.nline.nibis.de/nibis.php?menid=116, abgerufen am 30.04.2018, 14:38 Uhr)

Bildschirmfoto 2020-07-22 um 13.49.13.png Quelle: https://schucu-bbs.nline.nibis.de

  • Die einzelnen Phasen entsprechen den Handlungsphasen im Unterricht und dürfen nicht mit den Phasen praktischen Handelns in der Berufsausübung verwechselt werden! Z.B. fällt die Aufgabe, einen Werbeplan zu erstellen, nicht in die Phase Planung, sondern in die Phase Ausführung.
  • Die Phasen eines handlungsorientierten Unterrichts können sich situationsbedingt gegenseitig durchdringen. Eventuell weisen die einzelnen Phasen ihrerseits jeweils einen entsprechenden Informations- bzw. Planungsbedarf aus.
  • Auch sind die Phasen nicht immer trennscharf voneinander abzugrenzen. Der Übergang von der einen in die nächste Phase kann fließend sein.
  • Und letztlich kann handlungsorientierter Unterricht im Ablauf variiert werden. Aus diesem Grunde ist es nötig, dass sich das in einer Klasse eingesetzte Lehrkräfte-Team über das konkrete Vorgehen verständigt und regelmäßig abstimmt.


Lernsituationen:


• Lernsituationen strukturieren und konkretisieren Lernfelder. Hierbei sind die spezifischen Rahmenbedingungen einer Schule zu berücksichtigen.
• Lernsituationen im Wirtschaftslehreunterricht orientieren sich an betrieblichen Problemstellungen, ohne den Bil-dungsauftrag der Berufsschule zu vernachlässigen.
• Handlungsorientiert ausgerichtete Lernsituationen beinhalten eine vollständige Handlung, in der die Schülerinnen und Schüler reale Problemstellungen bearbeiten.
• Lernsituationen richten sich verstärkt an den Grundsätzen des selbstorganisierten Lernens aus.
• Lernsituationen dienen dem Aufbau einer kognitiven Struktur, die einerseits eine Wissensstruktur mit fachwissen-schaftlichen Inhalten als auch eine Problemlösestruktur mit Problemlöseverfahren beinhaltet. Beide Ebenen sind gleichrangig anzusehen.
• Lernsituationen stehen nicht als Übungen am Ende eines Lernprozesses, vielmehr gestalten sie diesen selbst.
• Bezugsgröße für Lernsituationen sind Modellunternehmen.



Kriterien zu Entwicklung von Lernsituationen

Ausgangspunkt: Problemlernen
Mit dem Konzept eines handlungsorientierten Unterrichts verbindet sich grundsätzlich die Anforderung, den Unterricht als einen aktiven Konstruktions- bzw. Rekonstruktionsprozess der Lernenden anzulegen. In diesem Verständnis sind Begriffe, Theorien, Modelle, Strategien oder Techniken als Lösungen spezifischer Handlungs- oder Orientierungsprobleme einzuführen. Das Verständnis dieser Lerninhalte kann nur erreicht werden, wenn sie aus dem Verständnis der jeweils korrespondierenden Probleme oder Aufgabenstellungen heraus erarbeitet werden. In diesem Sinne sollten praxisrelevante Handlungs- oder Orientierungsprobleme (auch z. B. in Form konkreter Arbeitsaufgaben) den Ausgangspunkt des Lernprozesses im Sinne einer vollständigen Handlung darstellen.


Situiertes Lernen
Die zentrale didaktisch-curriculare Herausforderung besteht darin, Lerngegenstände nicht isoliert oder in ihrer fachsystematischen Ordnung und losgelöst aus ihrem jeweiligen pragmatischen Kontext zu präsentieren, sondern sie umgekehrt so in sinnvolle situative Kontexte zu (re-)integrieren, dass sie den Lernenden Anlässe zum problemlösenden Lernen bieten, dass sie im Zuge dieses problemlösenden Handelns orientierungs- und handlungsrelevant werden und so von den Lernenden angeeignet werden können.


Komplexe Handlungssituationen
Den Ausgangspunkt situierten, problemlösenden Lernens sollen komplexe Lehr-Lern-Situationen bilden. Das Attribut der Komplexität verweist dabei auf die Anforderung, den lebensweltlichen Sinngehalt und die wesentlichen strukturellen Zusammenhänge des jeweiligen Lerngegenstandes in der Lernsituation zu repräsentieren. Hierbei wird es sich in der Regel um berufliche Orientierungs- oder Handlungszusammenhänge handeln; denkbar wären allerdings auch gesamtwirtschaftliche Probleme oder gar – bei fortgeschrittenen Lernern – wissenschaftlich-erkenntnisorientierte Fragestellungen.


Zielgeleitete Modellierung
Modellunternehmen sind keine naturalistischen Abbilder von Unternehmen, sondern didaktische Konstruktionen zum Zwecke des Lernens. In diesem Sinne haben sie eine Reihe von Anforderungen zu erfüllen. Eine davon ist die, dass sie in ihren grundlegenden Leistungs- und Strukturmerkmalen nicht im Widerspruch zur betrieblichen Erfahrungswelt der Auszubildenden und zu deren Alltagserfahrungen stehen dürfen (ökologische Validität). In diesem Rahmen müssen sie es erlauben, solche Strukturen, Prozesse, Phänomene und Probleme abzubilden, mit denen sich die Lernenden auseinandersetzen sollen. Diese bilden den intentional-thematischen Kern und damit auch das zentrale Qualitätskriterium der Modellierung.
Bezüge zu den Ausbildungsbetrieben und dem spezifischen Erfahrungshintergrund der Berufsschüler sollen insbesondere in den Anwendungs- bzw. Transferphasen hergestellt werden. Dem systematischen und kontinuierlich betriebenen Vergleich von Modellunternehmen und Ausbildungsbetrieb kommt große Bedeutung zu.
In einem situierten Unterricht, der an Modellunternehmen orientiert ist, spielen Phasen der begrifflichen Reflexion und Systematisierung (Dekontextualisierung) und des Transfers auf unterschiedliche situative Kontexte in Form ergänzender Modellunternehmen oder Fallbeispiele (Re-kontextualisierung) eine herausragende Rolle.


Ansteigende Komplexität
Unter lernpsychologischen Gesichtspunkten gilt ein Schwierigkeitsgrad der Lernhandlungen als erstrebenswert, der knapp oberhalb des aktuellen Leistungsstandes der Lernenden liegt. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, auch das Komplexitätsniveau der Lernsituationen so an die Lernenden anzupassen, dass einerseits die Ganzheitlichkeit und Sinnhaftigkeit des Lerngegenstandes erhalten bleibt und andererseits die Lernenden nicht überfordert werden. Dies verlangt einerseits eine Reduktion von Komplexität (vor allem im Hinblick auf Kompliziertheit, d. h. Differenziertheit und Varietät der Situation) und es bedingt anderseits Lehrstrategien und Lernhilfen, die es den Lernenden selbst ermöglichen, die Komplexität der Situation zu reduzieren.
Im Zuge des Lernprozesses sollte die Komplexität des Lerngegenstandes sukzessive erhöht werden. Dies kann dadurch erfolgen, dass zusätzliche Entscheidungsvariablen und Parameter einbezogen werden oder dadurch, dass die Komplexität der Problemstellungen und Lernaufgaben so erhöht wird, dass die Lernenden zunehmend mehr Aspekte beachten und miteinander verknüpfen müssen.


Raum für systematisierende Lernphasen
Im handlungsorientierten Unterricht kommt der begrifflichen Reflexion und Systematisierung der Lernerfahrungen eine zentrale Bedeutung zu, um ein Lernen am Modell zu ermöglichen und damit das erworbene Wissen und Können zu dekontextualisieren und für andere Zusammenhänge nutzbar zu machen. Neben der begrifflichen Reflexion und Systematisierung konkreter, situativer Lernerfahrungen zum Zwecke der Verallgemeinerung, Generalisierung oder Abstraktion wird es auch weitere Phasen vorwiegend begrifflich strukturierten Lernens geben, die der systematischen Ergänzung, Vervollständigung, Vertiefung oder Ausweitung der erworbenen Kenntnisse oder Fähigkeiten dienen. In diesen Phasen wird es weder möglich noch notwendig sein, jeden Inhalt aus seinem konkreten Handlungs- oder Problembezug heraus aufzubauen. Wesentlich ist allerdings, dass sich solche Lernphasen an handlungs- und problemorientiert aufgebaute Strukturen anschließen können.


Anwenden und Üben integrieren
Phasen der Übung (Anwendung in strukturgleichen Situationen) und des Transfers (Anwendung in strukturell variierenden Situationen) sind in alle Lernsituationen zu integrieren. Um die Schülerinnen und Schüler frühzeitig mit den Besonderheiten der IHK- und Abschlussprüfungen vertraut zu machen und das hierfür charakteristische Definitions- und Merkmalswissen zu erkennen, ist es sinnvoll, entsprechende Aufgaben einzubeziehen.


Aufbau von Methodenkompetenz
Methodische Kompetenzen unterschiedlicher Art (soziale Kompetenzen, Lern-, Arbeits- und Kreativitätstechniken, sprachliche Kompetenzen, DV-Fähigkeiten und kommunikative Kompetenzen) sollen in die Lernsituationen integriert werden. Der Erwerb dieser Kompetenzen erfolgt jedoch nicht beiläufig, sondern es ist erforderlich, dass diese Kompetenzen gezielt angebahnt, unterstützt und abgefordert werden. Auch ist zu klären, zu welchem Zeitpunkt welche Fähigkeiten in welcher Weise angebahnt werden sollen. Hier wird es sinnvoll sein, einzelnen Lernfeldern explizit diese Aufgabe zuzuordnen. Voraussetzung dafür wird eine Liste der zu vermittelnden methodischen Kompetenzen sein mit Hinweis auf die Art der Einführung, auf das originär zuständige Lernfeld und auf weitere Lernfelder, die Vertiefungsmöglichkeiten bieten.


Quelle: Kriterien nach „Kommentierte Kriterien für die Gestaltung von Lernsituationen im Rahmen eines lernfeldorientierten Curriculums im Rahmen von CULIK.“ [http://www.ibw.uni-hamburg.de/forschung/projekte/culik/Materialien/22 Gestaltungskriterien.pdf - Stand 9.2.2009, 9:30 Uhr])

Prozessschritte zur Planung einer Lernsituation

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==Jahresplanung== Schulisches Curriculum

Quelle: eigene Darstellung TH

Beispiel BRC (Rechnungswesen)

Ein Beispiel als PDF-Dokument aus dem Rechnungswesen:


Datei:011 Strukturierung nach BM.pdf